Über das Erinnern

Reihe: museumsschreiber. Mahn- und Gedenkstätte
Essay
Literaturbüro NRW und Stadtwerke Düsseldorf AG, 2008

Leseprobe

Ein Problem bei der stark auf monolithische Objekthaftigkeit ausgerichteten Erinnerungskultur ist, dass ein Denkmal oft dazu verleitet, den Zeitpfeil, die gedanklich-emotionale Bewegung vom Jetzt zum Damals einzufrieren und nur noch räumlich-geistig punktuell für sich zu stehen. Ein Denkmal ist ein Denkmal ist ein Denkmal – es wird statisch, gibt seinen fluiden Dialogcharakter auf und ist nicht mehr ein auratisch-meditativer Gegenstand, der geistig Flügel für Reisen in die Vergangenheit verleiht. In der von ihr implementierten Gedenkkultur stellt sich die Generation, die versucht, innezuhalten und nachzudenken, vor allem auch selbst dar. Stätten der Erinnerung und des Gedenkens sagen mindestens so viel über den Menschen der Gegenwart aus wie über diejenigen, in deren Namen gemahnt und erinnert werden soll. Man muß ganz ungerührt sagen: Denkmäler entsprechen dem Kunstgeschmack, dem Filz und Gekungel der Kunst- und Politszene einer Epoche.

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